Jahrestagung 2019 – Rückblick

Die neunte Jahrestagung des Arbeitskreises Südasien fand am 25. und 26. Januar am Südasien-Institut (SAI) der Universität Heidelberg statt. Bereits zum zweiten Mal seit 2013 waren die Kolleg*innen des SAI Gastgeber*innen der Tagung. Die Tagung bestand aus sieben inhaltlichen Blöcken mit Postern und Fachvorträgen und der Mitgliederversammlung des Arbeitskreises, in deren Rahmen der Forschungspreis Südasien verliehen wurde.

Mit dem Forschungspreis zeichnet der Arbeitskreis jährlich eine herausragende Abschlussarbeit aus. Die Arbeiten werden jeweils von einer Jury aus drei Hochschullehrer*innen bewertet. In diesem Jahr wurde Max Steinhausen (GFZ Potsdam / FU Berlin) ausgezeichnet. Seine prämierte Masterarbeit trägt den Titel „Enhanced land cover mapping by combining Sentinel-1 and Sentinel-2 data – Case study of the Chennai Basin, Tamil Nadu and Andhra Pradesh, India“. In dem von Björn Waske und Paul Wagner betreuten Projekt erstellte Herr Steinhausen eine Landnutzungsklassifikation, in der er die Daten unterschiedlicher Satelliten (optisch, Radar) miteinander kombinierte. Zusätzlich zu der Auszeichnung durch den Arbeitskreis erhielt er ein Jahresabonnement der Geographischen Rundschau und einen Buchgutschein des Franz Steiner Verlags als Sachpreise.

Vor der abendlichen Preisverleihung begann die Jahrestagung am Nachmittag des 25. Januar mit Fachvorträgen und einer Postersession. In der ersten Sitzung „South Asia in a Globalized World“ stellte zunächst Raphael Schwegmann (Heidelberg/Paris) seine historisch-geographischen Forschungsarbeiten zu Kautschuk in Südasien vor. Er zeigte, wie die britische Kolonialmacht durch einen Akt der Biopiraterie das brasilianische Kautschuk-Monopol brach, als Henry Wickham 1876 die Samen von Kautschukbäumen in Brasilien stahl und so die Anpflanzung in Südasien ermöglichte. Im zweiten Fachvortrag stellte Carsten Butsch die Ergebnisse des Projekts „A Home Away from Home“ vor, in dem er gemeinsam mit Kolleg*innen indische Migrantenorganisationen in Deutschland untersuchte. In dem Projekt wurden Strukturen und Funktionen bestehender Organisationen analysiert, wobei deutliche Veränderungen im Zuge der zuletzt stark gestiegenen Zahl indischer Migrant*innen in Deutschland festgestellt werden.

Nach einer Pause widmete sich der zweite Block mit Vorträgen von Susanne Schmidt und Verena Flörchinger (beide Heidelberg) Mensch-Umwelt-Dynamiken im Himalaya. Susanne Schmidt zeigte die Relevanz der Kombination von Fernerkundung und sozialwissenschaftlichen sowie kartographischen Erhebungen vor Ort auf, um die bisher wenig untersuchte Gefahr durch Gletscherseeausbrüche (GLOFs) besser abschätzen zu können. Vermutlich werden sich, infolge des Klimawandels, GLOF-Ereignisse in Zukunft weiter häufen. Verena Flörchinger stellte erste Ergebnisse ihres Dissertationsprojekts vor, das sich mit dem Wiederaufbau nach dem Erdbeben in Nepal befasst. Untersuchungsgebiet ist das im Norden Nepals gelegene Dorf Langtang, das zu großen Teilen durch eine Lawine zerstört wurde, wobei ein Drittel der Bevölkerung das Leben verlor.

Nach einer verlängerten Kaffeepause mit Postersession, in der vier Poster über Masterarbeiten und Promotionsprojekte vorgestellt wurden, folgte die letzte fachininhaltliche Sitzung des Tages. Hier wurde zunächst eine bereits mehrfach begonnene Diskussion zum Forschen in Südasien weitergeführt. Die Gesprächsrunde wurde von Judith Müller (Heidelberg) moderiert. Diskutiert wurde über die Positionalität der Forschenden sowie Herausforderungen beim Zugang zum Feld und zu Daten. Nach der Verleihung des Forschungspreises und dem Vortrag von Max Steinhausen folgte die Mitgliederversammlung des Arbeitskreises und ein gemeinsames Abendessen.

Der zweite Tag begann mit einem Vortrag von Sophie-Bo Heinkel (Köln), die über das durch das Belmont Forum geförderte Projekt H2O – transformation to sustainability berichtete. Gemeinsam mit Carsten Butsch untersucht sie, wie Transformationsprozesse in den perirubanen Räumen Punes, Kolkatas und Hyderabads wasserbasierte Lebensgrundlagen (z.B. Landwirtschaft oder Fischerei) verändern. Raphael Karutz (Leipzig) stellte ein ebenfalls durch das Belmont Forum gefördertes Projekt vor, das den Wasser-Nahrung-Energie-Nexus in Pune untersucht. Ziel ist es Multiagenten-Modell zu entwickeln, das eine Abschätzung der Folgen von Interventionen ermöglicht.

Der zweite inhaltliche Block stand am Samstagmorgen unter der Überschrift „Organic Food Production“. Mirka Erler (Göttingen) stellte ihr Dissertationsprojekt zur Food Transition in Bangalore vor. Ihre Ergebnisse zeigen, dass parallel sehr unterschiedliche Ernährungsformen existieren, die gleichzeitig mit Normen aufgeladen werden, z.B. wird städtisches Essverhalten einem westlichen, ungesunden Lebensstil zugeordnet. Shantonu Abe (Köln) untersucht ebenfalls in seinem Dissertationsprojekt Bioreisanbau in West Bengalen. Seine Erhebungen zeigen, dass sich viele Bauern derzeit in einem Entscheidungsprozess zwischen konventioneller und Bio-Landwirtschaft verbinden, wobei letztere auch aufgrund der Agrarstruktur schwierig zu implementieren ist.

Der dritte thematische Block am Samstag trug die Überschrift „Environment and Urban Spaces“. Hier stellte zunächst Judith Bopp (Kiel) ihre Forschungsergebnisse zu „natural farming“ in Chennai vor. Hierbei handelt es sich um ein spirituell basiertes landwirtschaftliches System, das einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt. Timo Falkenberg (Bonn) stellte das von ihm koordinierte Forshungskolleg „One Health“ vor. Besonders ging er in seinem Vortrag auf zwei Projekte in Ahmedabad ein, die sich mit Antibiotikaresistenzen und der gesundheitsfördernden Wirkung von urbanen Grünflächen befassen.

Nach der Mittagspause standen im letzten Block des Tages benachteiligte Gruppen in Indien im Zentrum der beiden Vorträge. Medha Chatruvedi (Heidelberg) berichtete über ihre Forschungsarbeiten über die Folgen des Bergbaus in Chhattisgarh und Odisha. Aus ihrem Vergleich zweier Fallstudien zeigte sie auf, welche Strategien von Tribals zur Verhinderung negativer Folgen des Bergbaus erfolgreich sein können. Im letzten Vortrag der diesjährigen Jahrestagung stellte Priya Singh (Bremen) ihr Dissertationsprojekt zu Frauen vor, die in Heimarbeit Beedis produzieren. Hauptsächlich geht sie der Frage nach, ob die neue staatliche Krankenkasse RSBY für diese informellen Arbeitskräfte eine ausreichende Absicherung bietet.

Auf der Mitgliederversammlung am Freitagabend wurden als Sprecher des Arbeitskreises Judith Müller, Carsten Butsch, Alexander Follmann und Markus Keck bestätigt, Markus Franz schied auf eigenen Wunsch aus dem Sprecherteam aus. Als Ort für die nächste Jahrestagung, am 24./25. Januar 2020 wurde Freiburg festgelegt, Gastgeber wird Gregor Falk (PH Freiburg) sein. Wie auch in den vergangenen Jahren werden extended abstracts der Vorträge in einem Sammelband in der Schriftenreihe Geographien Südasiens erscheinen. Hier wird auch die prämierte Masterarbeit von Max Steinhausen veröffentlicht. Alle bisher erschienen Bände sind als open access publicationen auf der CrossAsia Plattform abrufbar: http://crossasia-books.ub.uni-heidelberg.de/xasia/catalog/series/gsa.

Carsten Butsch (Köln) und Judith Müller (Heidelberg)

 

 

Carsten Butsch überreicht als Sprecher des Arbeitskreises Max Steinhausen die Urkunde zum Forschungspreis Südasien

Die Teilnehmer*innen der neunten Jahrestagung des AK Südasien